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Wissenswertes über Kalterherberg und seine Bürger
Windschutzhecken - "Oss Haare"

Schöner Schmuck an

Häusern und Straßen.

Wenn es ein unverwechselbares Kennzeichen für die Dörfer am Hohen Venn gibt, dann sind es die hohen Windschutzhecken, die in Kalterherberg seit mehr als 300 Jahren durch jahrzehntelange ständige Pflege aus Rotbuchen groß gezogen wurden und immer noch neu angepflanzt werden.

 

Schriftliche Quellen über den Ursprung dieses Schmuckes unserer Dörfer gibt es nicht, erst mit dem Erstellen des Urkatasters durch die Preußen ab dem Jahr 1820 werden die ältesten, schriftlichen bzw. zeichnerischen Nachweise erstellt.

In Kalterherberg wird diese hohe Schutzhecke kurz, bündig und rau, wie unser Wetter „de Haarr“ genannt.

Das Vennhaus

Kalterherberg liegt im Wirkungsbereich der kalten und feuchten Westwinde, die, aus dem Hohen Venn kommend, die Temperatur im Dorf bestimmen.

Folglich waren unsere Ahnen im Zuge ihrer Ansiedlung gezwungen, sich gegen diese Witterungsunbilden zu schützen, um hier ein halbwegs wirtliches Leben führen zu können.

Unsere „Haare“ sind eines der ältesten Zeugnisse von Wärmedämmung in der Region, dabei sind Sie zusammen mit der Errichtung des hier typischen Vennhauses entstanden.

Um sich bestmöglich mit den früher hier vorhandenen Mitteln gegen den rauen Westwind zu schützen, wurde das Vennhaus in folgendem Aufbau errichtet.

Der Hausfirst wurde in West-Ostrichtung ausgerichtet.

Die „Haarr“ hatte an der Westseite die Hauptaufgabe, den Vennwind zu brechen, der dahinter stehende Torf- und Brennholzschuppen durfte zum Trocknen des bevorrateten Heizmaterials noch vom Luftzug profitieren.

 

Das eigentliche Haus schloss sich mit der Scheune an, die mit dem eingefahrenen Heu eine weitere Wärmedämmung darstellte. Im dahinter angeordneten Stall stand das Vieh und es sandte im Empfinden unserer Vorfahren nicht etwa Gestank sondern kostenlose Wärme ab. Nur der kleine und letzte Haustrakt im Osten wurde zu Wohnzwecken genutzt.

Die Haustüre lag im Ostgiebel neben dem Kamin, durch die man zunächst eine Diele, hierzulande „et Huus“, betrat, in der das Feuer unterhalten und in dem darüber hängenden Kessel das Essen gekocht wurde. In einer Stube und der Kammer spielte sich das tägliche Leben ab. Die beiden im Obergeschoss noch vorhandenen Stuben und der Flur direkt unter dem Strohdach dienten als Schlafunterkunft.

Brauchtum

Im Laufe der Besiedlung unserer landschaftlich kargen Gegend am Hohen Venn haben die Kalterherberger erfahren, dass sie nur als Teil in möglichst großen Gemeinschaften überleben können.
Folglich wurde die gegenseitige Hilfe zu bestimmten Anlässen zum ungeschriebenen Gesetz und irgendwann zum Brauchtum. Als Lebensgrundlage betrieben die meisten Familien Land- und Viehwirtschaft. Dazu wurde bei der Geburt eines neuen Kalbes und dem Schlachten eines Schweines in Frühjahr und Herbst die Hilfe einiger Leute aus der Nachbarschaft benötigt. Wenn die Kuh „angekommen war“ d.h. das neue Kalb die Geburt überlebt hatte, kam die Schnapsflasche auf den Tisch und die Helfer erhielten ihren Lohn in flüssiger Form.
Nach dem Schlachten, wenn das Fleisch gepökelt und die Wurst in der Pelle war, erhielten die Nachbarn eine „Sang“ in Form eines Stückes Bratenfleisch und einer Wurst. Diese Bräuche sind infolge der wirtschaftlichen Veränderungen leider untergegangen.

Zumachen: Bis in die 1980er Jahre wurde der Brauch des Zumachens am Hochzeitsabend gepflegt. Freunde und Nachbarn verbarrikadierten die neue Wohnung des Brautpaares mit Karren und anderem sperrigen Gut.

Erst nachdem das Brautpaar die „Zumächer“ mit genügend Alkohol milde gestimmt hatte, wurde der Wohnungseingang frei geräumt und der Bräutigam konnte seine frisch angetraute Ehefrau über die Schwelle tragen.

Der Brauch des Zumachens wird heutzutage in der Form eines großen Umtrunkes vor der Hochzeit weitergeführt.

Zumachen

Familie & Nachbarschaft: Gemäß dem Grundsatz: „Mitfreude ist doppelte Freude und geteiltes Leid ist halbes Leid“ wurde jede persönliche Veränderung innerhalb von Groß-Familie und Nachbarschaft getragen. Die schlechten Zeiten wurden in gegenseitiger Hilfe zusammen durchgestanden und die guten Neuigkeiten zusammen gefeiert.
Die Geburt eines neuen Erdenbürgers sowie der Tod eines Mitmenschen wurden lediglich durch die „Ansage“ in Familie und Nachbarschaft bekannt gegeben. Die bevorstehende Hochzeit nahm eine Sonderstellung ein. Durch die drei Ausrufe in der Kirche war der Heiratstermin frühzeitig bekannt.
In der Woche vor dem Fest besuchte das Brautpaar oder deren Geschwister die Häuser der Tanten und Onkel sowie der Nachbarschaft, um den Verwandten und Bekannten mit einem guten Tröpfchen Dankbarkeit und Respekt zu bekunden.

Das große Schmücken: Ein anderer Brauch ist erst in den vergangenen Jahrzehnten verstärkt gepflegt worden. Zur grünen, silbernen und goldenen Hochzeit sammelt die Nachbarschaft in den Wäldern ringsum Tannengrün und kleine Bäume. Sie wickelt dann einen großen Kranz und schmückt das Haus der Festfamilie, die sich für diese Ehrengabe mit einigen kleinen Festen in ihrem Haus bedankt.

Das große Schmücken

Dorfgemeinschaft: Größere Aufgaben zur Sicherung des Lebensunterhaltes ließen und lassen sich nur gemeinsam im Dorfverbund meistern. Unabhängig von der staatlichen Verwaltung wurden in Kalterherberg seit dem Jahr 1880 Genossenschaften gegründet, deren wirtschaftlicher Erfolg allen Mitgliedern zu Gute kam und so Bargeld ins Dorf brachte.
Nachdem Kalterherberg an das Eisenbahnnetz angeschlossen war und Versand- sowie Empfangsmöglichkeiten für Waren in großem Umfang bestanden, gründete sich eine Beerenhandelsgenossenschaft zur Vermarktung der in Venn und Heide gepflückten Wald-, Preisel- und Moosbeeren.
Zur besseren und günstigeren Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln gründete sich Ende des 19. Jahrhunderts eine Konsumgenossenschaft, die zu Bestzeiten (1950 bis 1975) drei Verkaufsstellen betrieb. Nachdem die Discounter nach 1970 in unserer Gegend auftauchten, kam der gute alte Konsum ins Hintertreffen und wurde zum Ende des 20 Jahrhunderts aufgelöst.
Heute sind wir in Kalterherberg froh, noch einen großen Laden für den Einkauf der Mittel des alltäglichen Bedarfs in Privatbesitz zu haben.
Parallel zum Genossenschaftsleben beginnt 1869 mit der Gründung des Kirchenchores das organisierte Vereinsleben in Kalterherberg.
War das Feuerlöschen in Alter Zeit eine wenig organisierte Aufgabe der Nachbarschaft, kam es Anfang der 20. Jahrhunderts zur Gründung einer freiwilligen Feuerwehr, die nun in organisierter Form und durch die öffentliche Hand unterstützt, gemäß dem Grundsatz „Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr“ im Notfalle die nötige Hilfe leistet.
Die Aktiven in den Vereinen haben durch ihre gemeinsamen Leistungen das friedliche Miteinander gefördert und bei überörtlichen Veranstaltungen die Fahnen des Dorfes bestens vertreten.

Dialekt

Kalterherberger Platt und seine Eigenarten: 

Das Kalterherberger Platt zeichnet sich dadurch aus, dass der Buchstabe „R“ sehr hart und viele Worte gekürzt ausgesprochen werden.

Die Ripuarier (Rheinuferfranken) haben unseren Dialekt durch ihre Einwanderung ab dem 5. Jahrhundert aus den Rheintälern bis zum nasskalten Hohen Venn gebracht.

Leiter heißt bei uns Leerr, wieder – weerr, Wetter – Wäärr und Leder heißt Läärr.

Im südlichen Nachbardorf Elsenborn wird schon moselfränkisch gesprochen, im östlichen Nachbardorf Höfen spricht man ein sehr weiches „R“ und unser Nachbardorf im Norden, Mützenich, spricht an vielen Stellen ein „U“, an denen wir ein „O“ verwenden. Wie alle Mundarten im Monschauer Land benutzen wir französische Worte, die sich seit der Besetzung durch Frankreich von 1794 bis 1815 erhalten haben.

Mostert ist der Senf, Plavong die Zimmerdecke, Kapetüng der Schulranzen und Pölle sind kleine Küken. Viele unserer Worte haben keine hochdeutsche Entsprechung: „Manteneere“ bedeutet heranziehen/ züchtigen, „en Büüsch“ ist sowohl eine Strohgarbe wie auch eine ungeschickte, tollpatschige und wenig weiblich erscheinende Frau und „rejeere“ beschreibt das Saubermachen und das äußerliche Herrichten.

Einige Volksweisheiten unserer Kultursprache

 

Dä Enne hat dr Nam un dä Angere dr Vlaam. 
(Der Eine hat den Namen und der Andere den Fladen) 
Einem wird etwas nachgesagt, doch den Nutzen zieht ein Anderer.

 

Vollerte un kleen Kenk sannt der Worret.
Betrunkene und kleine Kinder sagen die Wahrheit.

 

Jeeße, Wiever un Stacheldrott kriet merr märr mot Haische jot. 
(Ziegen, Weiber und Stacheldraht kriegt man nur mit Handschuhen gut.) 
Die Widerspenstigkeit einiger weiblicher Mitbürgerinnen wird in engen Zusammenhang mit der von Ziegen und Stacheldraht gestellt.

 

Mer hat sie ieeder vermult wie verfresse. 
Man hat eher ein unbedachtes Wort gesprochen als zu viel gegessen.

 

Bestaade und bedrisse dat fängt at etselbe aan. 
Die Worte heiraten und betrügen (sich überwerfen) haben in unserer Sprache nicht nur den gleichen Anfang.

 

Dr Fuss verlüsst sing aalt Hoore aver net sing aalt Senn. 
(Der Fuchs verliert zwar seine alten Haare aber nicht seine alten Sinne.) 
Wenn Menschen scheinbar völlig verändert daher kommen, ist Vorsicht geboten!

 

Dä werept mot ener Wuescht no´r Schenk. 
(Er wirft mit der Wurst nach dem Schicken) 
Jemand bietet einen verlockenden Köder als gute Abmachung an, hat aber dabei seinen viel größeren Nutzen im Hinterkopf.

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